„Kann ich nach meinem Studium für ein paar Monate nach Kolumbien zurück und danach in Deutschland arbeiten?“, fragt einer der Studierenden. „Darf ich während des Aufenthalts zur Jobsuche nach meinem Abschluss arbeiten?“, meldet sich eine weitere internationale Studierende zu Wort.
Sie stammen aus dem Iran, Indien, Kolumbien, Russland und Syrien. Zehn internationale Studierende aus Drittstaaten (Nicht-EU-Länder) der Universität Hamburg und der Technischen Universität Hamburg (TUHH) saßen am vergangenen Montag in einem aus Stühlen geformten „U“ im Career Center der Universität Hamburg und nahmen an dem Vortrag „Rechtliches zum Berufseinstieg für internationale Studierende“ teil.
Vor ihnen steht die Referentin und Migrationsexpertin Güler Dogan, die mit dem Hamburger Unternehmen Employland zusammenarbeitet, das eine Online-Plattform zur Vermittlung von internationalen Absolventen in Deutschland und Fachkräften aus dem Ausland an Unternehmen in Deutschland betreibt. Sie klärt die Studierenden aus Drittstaaten, die nach ihrem Studium in Deutschland bleiben möchten, über ihre rechtlichen Möglichkeiten auf.
Deutschland will internationale Studierende für sich gewinnen
Bevor sie auf die rechtlichen Rahmenbedingungen für den Berufseinstieg nach dem Abschluss des Studiums zu sprechen komme, wolle sie die Studierenden zunächst etwas wissen lassen, sagt Rechtsanwältin Güler Dogan:
In Deutschland herrscht ein Mangel an Fachkräften. Deutschland braucht Sie und will Sie hier behalten!
Früher hatten internationale Studierende nicht die Möglichkeit nach ihrem Studium in Deutschland zu bleiben, erklärt Dogan. Die Gründe dafür seien entwicklungspolitisch gewesen. Man habe gewollt, dass die internationalen Absolventen ihre erworbenen Kompetenzen und Qualifikationen im Herkunftsland einsetzten. Doch so sei es nicht gekommen, stattdessen habe sich gezeigt, dass viele dieser Absolventen zum Arbeiten in andere Länder gingen, zum Beispiel in die USA oder nach Kanada. Und nun möchte Deutschland die Menschen, in die es investiert hat, für sich gewinnen. Sie zitiert die Bundesregierung:
Ausländische Studierende und Studienbewerber sollen unter erleichterten Bedingungen und mit besseren Perspektiven für einen Aufenthalt in Deutschland gewonnen werden.
Nach Abschluss: 18 monatiger Aufenthalt zur Jobsuche
Daher hat der Gesetzgeber in den vergangenen Jahren einige Gesetzesänderungen vorgenommen und die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Fachkräften verbessert. Dabei wurde für internationale Studierende aus Drittstaaten die Möglichkeit geschaffen, nach ihrem Abschluss 18 Monate lang im Land zu bleiben (16 Abs. 4 AufenthG), um einen Job zu suchen. Dieser Job muss ihrer Qualifikation entsprechen, das heißt in einem Zusammenhang mit ihr stehen. In diesen 18 Monaten müssen die Absolventen krankenversichert sein und ihren Lebensunterhalt eigenständig sichern. Hierfür können sie jede Tätigkeit ausüben – es gibt keine Einschränkungen.
Der Aufenthalt für die Jobsuche muss direkt für die Zeit unmittelbar nach dem Abschluss beantragt werden. Wer erstmal zurück ins Herkunftsland reist, der verwirkt dieses Recht.
Visum zur Arbeitsplatzsuche aus dem Ausland beantragen
Dann ist es aber möglich, aus dem Heimatland ein Visum zur Jobsuche zu beantragen. Mit diesem darf man für sechs Monate einreisen. Wer einen Job findet, kann dann einen Aufenthaltstitel beantragen und muss hierfür nicht erst wieder ins Herkunftsland ausreisen. Anders ist es, wenn jemand mit einem Touristenvisum einreist und einen Job findet. Dann gilt grundsätzlich: Der Aufenthaltstitel muss im Herkunftsland beantragt werden. Die Ausreise ist also erforderlich.
„Es darf niemals eine Lücke entstehen“
Wer die Verlängerung beantragen möchte, um unmittelbar nach dem Studium 18 Monate Zeit zu haben, einen Arbeitsplatz zu finden, sollte sich rechtzeitig darum kümmern: „Es darf niemals eine Lücke entstehen“, sagt Dogan. Nach dem Abschluss des Studiums erlischt der aktuelle Aufenthalt automatisch. Die Anwältin rät, mindestens einen Monat vor Ende des Aufenthalts bzw. sobald die Ergebnisse der Abschlussprüfung oder der Abschlussarbeit vorliegen, zur Ausländerbehörde zu gehen und sich um den Aufenthalt zu kümmern.
Wer sich erst spät kümmert und dann noch Unterlagen nachzureichen hat, der kann ein Problem bekommen.
Blue Card: Aufenthaltstitel mit Privilegien
Um eine Aufenthalts- und Beschäftigungserlaubnis beantragen zu können, muss ein Arbeitsvertrag oder zumindest ein konkretes Arbeitsplatzangebot vorliegen.
Hochschulabsolventen haben die Möglichkeit, eine Blue Card (§ 19a AufethG) zu beantragen. Wenn sie die Voraussetzungen nicht erfüllen, können Sie die Aufenthaltserlaubnis nach §18 Abs. 4 beantragen.
Voraussetzungen für die Blue Card
Die Voraussetzungen für die Blue Card sind ein Hochschulabschluss, eine Beschäftigung, die der Qualifikation angemessen ist, und ein Mindestjahresbruttogehalt von 50.800 Euro. In Mangelberufen liegt die Mindestgrenze bei 39.624 Euro. Das gilt zum Beispiel für Ärzte und Ingenieure oder für Naturwissenschaftler, Mathematiker und IT-Fachkräfte
„Mit der Blue Card sind Sie privilegiert“, erklärt die Rechtsanwältin. „Wer eine andere Aufenthaltserlaubnis hat, darf Deutschland nur für sechs Monate verlassen. Blue Card-Inhaber jedoch können sich bis zu einem Jahr im Nicht-EU-Ausland aufhalten. Außerdem berechtigt die Blue Card zu visumfreien Aufenthalten von bis zu 90 Tagen innerhalb von 180 Tagen zu touristischen Zwecken innerhalb der EU. Inhaber einer Blue Card können nach 18 Monaten visumfrei in einen anderen EU-Staat einreisen und die Blue Card für diesen Mitgliedstaat innerhalb eines Monats beantragen.
Blue Card für bis zu vier Jahre
Ein weiterer Vorteil: Im Gegensatz zur Aufenthaltserlaubnis nach §18.4, für die man alle zwei Jahre zur Verlängerung in die Ausländerbehörde gehen muss, kann die Blue Card bei erstmaliger Erteilung für eine Dauer von vier Jahren vergeben werden.
Voraussetzung hierfür ist, dass der Arbeitsvertrag auch einen entsprechenden Zeitraum für die Beschäftigung vorsieht: Ist die Stelle auf zwei Jahre befristet, wird auch die Blue Card nur für diesen Zeitraum plus drei Monate vergeben, sie richtet sich immer nach der Dauer der Beschäftigung.
Doch natürlich habe, wer in Deutschland lebt und arbeitet, das Ziel, seinen Aufenthalt zu verfestigen, um nicht alle paar Jahre für die Verlängerung des Aufenthalts zur Ausländerbehörde gehen zu müssen und um langfristig planen zu können.
Mit Blue Card schnell zum unbefristeten Aufenthalt
Die Blue Card ermöglicht den schnellen Erhalt des Daueraufenthaltsrechts, also einer unbefristeten Niederlassungserlaubnis. „Blue Card-Inhaber können die Niederlassungserlaubnis bereits nach 33 Monaten beantragen. Wer über ausreichend Deutschkenntnisse verfügt, sogar schon nach 21 Monaten.“
Für Nicht-Blue-Card-Inhaber gilt bisher: Eine Niederlassungserlaubnis kann beantragen, wer sich fünf Jahre legal in Deutschland aufgehalten hat und 60 Monate lang Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung gezahlt hat.
Als Blue Card-Inhaber Familie nachholen
Einen weiteren Vorzug hebt Migrationsexpertin Dogan hervor: Blue Card-Inhaber können ihre Familienmitglieder nachholen ohne dass diese Deutschkenntnisse nachweisen müssen.
Die Familie nachholen, das bedeutet, Ehepartner und Kinder nach Deutschland zu holen. Weitere Familienangehörige können grundsätzlich nicht nachziehen, es sei denn es liegen Härtefalle vor wie zum Beispiel eine Pflegebedürftigkeit. Diese muss nachgewiesen werden, aber auch, dass es keine weiteren Angehörigen vor Ort gibt, die die Pflege übernehmen können.
Der Career Service der Universität Hamburg unterstützt mit Beratungs- und Veranstaltungsangeboten Studierende und Absolventen beim Bewerbungsprozess und dem Berufseinstieg.
Die Angebote stehen Studierenden und Absolventen/innen der Universität Hamburg bis zu zwei Jahren nach Abschluss des Studiums offen.
Die Employland GmbH hat es sich zur Aufgabe gemacht, internationale Absolventen aus Deutschland und Fachkräfte aus der ganzen Welt an Unternehmen in Deutschland zu vermitteln. Fachkräfte erstellen auf der deutsch- und englischsprachigen Vermittlungsplattform ihr persönliches Profil und werden so von Arbeitgebern in Deutschland gefunden. Die Vermittlung ist für Fachkräfte kostenlos. Außerdem kümmert Employland sich auf Wunsch auch um die Bürokratie und hilft bei der Beschaffung von Einreisevisum, Aufenthalts- und Beschäftigungserlaubnis sowie der Anerkennung der Qualifikation, wenn erforderlich.
Auch in unserem Blog: Vor elf Jahren kam Shyam Machiraju aus Indien für sein Master-Studium nach Hamburg. Heute ist der Inder Ingenieur und Projektleiter in einem internationalen Unternehmen. Hier übernimmt er eine wichtige Rolle: Nicht nur als Fachmann des Ingenieurswesen, sondern auch als Kulturvermittler. Er gab uns ein Interview. Imanuel Hakiki (24) aus Jakarta, Indonesien, hat kürzlich sein Studium der Umwelttechnik an der Hochschule Esslingen absolviert und und hat nun einen Job. Im Interview teilt er seine Erfahrungen mit Deutschland und der deutschen Kultur.