Kein anderes EU-Land trifft es ähnlich stark wie Deutschland. Knapp fünf Millionen Arbeitnehmer könnten Deutschland bis 2030 laut einer Studie fehlen. Die deutsche Wirtschaft dürfte durch den Personalmangel Hunderte Milliarden Euro Verluste machen.
Vorzeichen für diese bedrohliche Entwicklung liefert der deutsche Arbeitsmarkt längst. Jüngst deklarierte das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung zum wiederholten Male einen Rekord mit knapp 1,2 Millionen Stellen im ersten Quartal 2018. Ob Arbeitsmarktreport des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) oder Berichte des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW): Eine Studie jagt die nächste und liefert neue Zahlen zum Fachkräftemangel in Deutschland.
Der deutschen Wirtschaft werden 4,9 Mio. Arbeitskräfte fehlen
Nun präsentiert eine Untersuchung der Beratungsgesellschaft Korn Ferry Zahlen, die projektieren, dass der Personalmangel die deutsche Wirtschaft stärker belasten könnte als bisher angenommen. Demnach könnten dem deutschen Arbeitsmarkt bis Ende des nächsten Jahrzehnts 4,9 Millionen Arbeitnehmer fehlen.
Bei dem fehlenden Personal handele es sich explizit um qualifizierte Arbeitnehmer, Geringqualifizierte könnten den Personalbedarf nicht decken.
Der deutschen Wirtschaft dürften damit 630 Milliarden Dollar Einnahmen (bei aktuellem Wechselkursrund 525 Milliarden Euro) entgehen – mehr als 14 Prozent der heutigen Wirtschaftskraft. Laut der Experten muss keine andere Ökonomie in Europa aufgrund des Fachkräftemangels so hohe Einnahmen einbüßen.
Am stärksten betroffen vom Personalmangel ist der Diensteistungsektor
Am stärksten betroffen durch den Personalmangel sei der Dienstleistungssektor (inkl. Finanz- und Immobilienbranche): Die Studie prognostiziert, dass innerhalb der kommenden 12 Jahre rund 1,2 Millionen Arbeitskräfte in diesem Bereich fehlen dürften, was zu einem Einnahmeausfall von 136,9 Milliarden Dollar führen könnte.
Am zweitstärksten treffe es den deutschen Maschinenbau und andere Industriebereiche. Für das verarbeitende Gewerbe insgesamt prognostizieren die Experten einen Mangel an 628.000 Arbeitnehmern bis 2030. Für die immer mehr an Bedeutung gewinnende Technologiebranche rechnen sie mit 196.000 fehlenden Arbeitskräften.
Zum Thema Fachkräftemangel und Einnahmeneinbußen äußerte sich auch die im April veröffentliche Studie des IW Kölns: Aktuell fehlen demnach 440.000 Fachkräfte auf dem deutschen Arbeitsmarkt mit der Folge, dass der deutschen Wirtschaftsleistung bis zu 0,9 Prozent oder rund 30 Milliarden Euro entgehen.
Fachkräftemangel ist Geschäftsrisiko Nummer 1
Wie schwierig es bereits heute für Unternehmen ist, geeignetes Personal zu finden, macht unter anderem der DIHK-Arbeitsmarktreport 2018 deutlich: Laut der Befragung von 24.000 Unternehmen ist für 60 Prozent der deutschen Betriebe der Fachkräftemangel das Geschäftsrisiko Nummer 1. Insgesamt rund 1,6 Millionen Stellen in Deutschland können demnach längerfristig nicht besetzt werden.
Besonders stark vom Fachkräftemangel betroffen ist der deutsche Mittelstand. 80 Prozent der Mittelstandsunternehmen haben Probleme, Personal zu finden. Das ergab kürzlich das Mittelstandsbarometer von Ernst & Young (EY).
Ohne Zuwanderung wird Deutschland dem Fachkräftemangel nicht begegnen können, das geht aus der Korn Ferry-Studie hervor. So heißt es in der Studie:
„Germany is likely to remain dependent on immigration to plug its growing talent gap.”
Deutschland braucht ein Fachkräfteeinwanderungsgesetz
Dementsprechend wird daher auch zunehmend die Rede um ein Fachkräfteeinwanderungsgesetz laut, auf das sich Union und SPD im Koalitionsvertrag verständigt hatten und das aktuell der Chef der Bundesagentur für Arbeit (BA), Detlef Scheele, in den Medien fordert, denn auch die EU-Zuwanderung allein reiche nicht: „Wir werden die Lücke nicht alleine durch Inländer und EU-Ausländer decken können“, zitiert Zeit Online Scheele.
Deutschland steht in globalem Wettbewerb um Fachkräfte
Tatsächlich wird Deutschland zunehmend in starkem internationalen Wettbewerb um Fachkräfte stehen. Deutschland ist zwar in besonderem Maße betroffen, steht aber mit der Herausforderung des Fachkräftemangels nicht allein da:
Weltweit werden laut der Korn Ferry-Studie bis Ende 2030 85,2 Millionen Arbeitnehmer fehlen. Dieser weltweite Fachkräftemangel könnte zu einem Verlust 8.452 Milliarden Dollar Einnahmen führen.
Auch in unserem Blog: Zwei Mal im Jahr veröffentlicht die Bundesagentur für Arbeit die sogenannte Fachkräfteengpassanalyse, die alle Mangelberufe in Deutschland enthält. Welche das sind, lesen Sie hier: Mangelberufe in Deutschland. Einige Unternehmen in Deutschland gehen bereits mit gutem Beispiel voran, was das Auslands-Recruiting angeht. Lesen Sie unsere Best Practice-Beispiele zum Thema internationale Personalrekrutierung.
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