Wer bezahlt die Restaurantrechnung, wer geht zuerst durch die Tür und wie spontan darf ein Besuch ausfallen? Benimmregeln haben in Deutschland Tradition. Adolf Freiherr Knigge, Verfasser des Standardwerks über gute Manieren, ist zwar schon seit knapp 250 Jahren tot, nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Emnid ist 98 Prozent der Deutschen gutes Benehmen wichtig bis sehr wichtig. Ein paar „Dos and Don’ts“ haben wir hier zusammengestellt.
Du oder Sie?
Deutsche mögen das „Sie“. Da kann es schon mal vorkommen, dass Team-Kollegen sich auch nach Jahren mit „Sie, Herr oder Frau….“ ansprechen. Im Zweifelsfall sind Sie mit dem „Sie“ auf der sicheren Seite. Das „Du“ ist Freunden und engen Bekannten vorbehalten. Bei der ersten Begegnung, ob privat oder beruflich, ist es ohnehin nicht üblich, jemanden zu duzen. Wer eine Verkäuferin oder einen Beamten duzt, erntet schnell böse Blicke, wenn nicht gar tiefe Verachtung. Unter jungen Menschen ist es dagegen normal, sich zu duzen. Übrigens: Das Du bietet meist der Ältere seinem Gesprächspartner an.
Wie pünktlich ist pünktlich?
Mit der Uhrzeit nimmt man es hierzulande genau. Wer eingeladen ist oder einen Termin hat, von dem wird erwartet, dass er pünktlich erscheint. Zu spät zu kommen gilt als unhöflich. Mit dem sprichwörtlichen akademischen Viertel ist der Bogen bei offiziellen Verpflichtungen, wie Arzt oder Behördenterminen bereits überspannt. Ratsam ist es, schon vor der Zeit zu erscheinen. Überpünktlichkeit bei privaten Einladungen kann dagegen eher unpassend sein. Zur Begrüßung immer zuerst der Dame die Hand geben, auch wenn man sich nicht kennt.
Erst die Dame?
Die alte Kavaliersregel „Ladies first“ gilt nur noch eingeschränkt. Im Job ist der Frauenbonus abgeschafft, hier zählt die Hierarchie. Frauen öffnen also auch Männern in der Firma die Tür und lassen ihnen im Lift den Vortritt, wenn es sich um einen Vorgesetzten handelt. Der Handschlag geht dagegen vom Höhergestellten aus, unabhängig davon, ob dieser männlich oder weiblich ist. Im Privaten können zuvorkommende Männer aber immer noch punkten. Einer Dame die Tür aufzuhalten gilt privat, z.B. bei einem Restaurantbesuch, auch heute noch als charmant. Eine Tür hinter sich zufallen zu lassen, ohne Rücksicht auf diejenigen, die einem folgen, ist in jeder Lebenslage unhöflich.
Zu Gast bei Anderen
Stehen Sie als Gast lieber nicht mit leeren Händen vor der Tür. Das gilt als unhöflich. Gastgeschenke sind bei privaten Einladungen ein Muss, damit zeigen Sie dem Gastgeber ihre Wertschätzung. Auf die Größe und den Preis kommt es dabei nicht an – ein kleines Präsent, etwa eine Flasche Wein, Pralinen oder ein Blumenstrauß sind absolut adäquat. Bei größeren Veranstaltungen wie Empfängen sind Mitbringsel dagegen nicht üblich. Sehr spontan sind Deutsche nicht. Wer nur mal so vorbeischaut, strapaziert im Zweifel ihre Gastfreundschaft. Deshalb gilt: unangekündigter Besuch ist ein no go. Eine kurze Anfrage per Telefon oder Kurznachricht ist daher ratsam. Gute nachbarschaftliche Verhältnisse sind selbstverständlich von dieser Regel ausgenommen.
Getrennt oder zusammen?
Wenn der Kellner diese Frage stellt, interessiert ihn nicht der Beziehungsstatus. Die Bedienung im Restaurant muss heute fit im Rechnen sein, denn häufig bezahlt in Deutschland jeder für sich, ohne dabei unhöflich zu sein. Die Zeiten, in denen es als unschicklich galt, Frauen ihre Rechnung selbst bezahlen zu lassen oder gar die männliche Begleitung einzuladen, sind passè. Wer allerdings nicht im Vorwege klärt, wer bezahlt, ist im entscheidenden Moment vor peinlichen Diskussionen nicht gefeit. Deshalb: Wo alles möglich ist, müssen die Spielregeln im Einzelfall geklärt werden.
Ruhe bitte!
Lebhaft und laut sind Deutsche nur zu bestimmten Anlässen. Im Alltag schätzen sie eher einen niedrigen Geräuschpegel. In der Öffentlichkeit, aber auch in den eigenen vier Wänden gilt – nicht den Nachbarn stören. Denn in Deutschland legt man Wert darauf, in Ruhe zu arbeiten, sich zu erholen oder zu reisen. Natürlich suchen viele Menschen das Gespräch, temperamentvolle Töne sind aber eher selten und es nicht unüblich, im Zug ein Buch oder eine Zeitung zu lesen. Wer das ganze Restaurant unterhält, seine Kinder im Einkaufszentrum toben lässt oder zu nächtlicher Stunde Opernarien in voller Lautstärke hört, handelt sich wahrscheinlich ziemlichen Ärger ein.
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Höflichkeit zwischen flirtenden Frauen und Männer ist eine Banalität. Das was wirklich angesprochen werden sollte ist, die größer werdende Unhöflichkeit der Leute in Deutschland! Dagegen muss unbendingt was gemacht werden.
Seit einem Jahr in Deutschland/München lebend, bin ich von der überall herschende Unhöflichkeit sehr überrascht: Verkäufer, Verkäuferin, die mich dutzen obwohl ich sichtbar zweimal älter als sie bin, Rucksäche, die unkontrolliert auf dem Rücken des Besitzers Gesichter der Mitfahrenden in der U-Bahn einschlagen, schreckliche Essendüfte überall, Mütter mit Kinderwagen, die im Weg plötzlich stehen, weil sie mit ihrem Handy beschäftigt sind und dabei laut ihr Leben jedem kundgeben… die Liste ist leider ohne Ende
Nun ja, die Münchner sind eben manchmal schon ein bisschen rau im Umgang. Und die Ur-Bayern mögen das „Du“ am liebsten, aber reden in der U-Bahn selten miteinander. Aber böse gemeint ist das selten. Jede Stadt hat eben andere typische Verhaltensmuster. Am nettesten ist es – wie ich finde – am Rhein, da gibt es viele „Frohnaturen“.