Auf dem Schreibtisch: Ein Aktenordner, ein Computer und ein Telefon. Ein ganz normaler Büroarbeitsplatz, wie Tausende andere in Berlin. Für die Rumänin Diana Stanica ist ihr Job als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Gebäudeenergietechnik der Technischen Universität Berlin ein lang ersehnter Wunsch. 1,5 Jahre nach ihrer Ankunft in Berlin ist die 26-jährige Rumänin endlich in ihrem Beruf tätig – dank BeuthBonus, einem Qualifizierungsprogramm.
Von Februar bis Juni 2016 nahm Diana Stanica an der Ergänzungsqualifizierung „BeuthBonus“ teil. Das Projekt der Beuth Hochschule für Technik Berlin bereitet im Rahmen des Bundesprogramms „Integration durch Qualifizierung“ im Ausland qualifizierte Akademiker auf den Einstieg in den deutschen Arbeitsmarkt vor – mit Unterricht und Workshops offline und online und durch Coaching in Gruppen und individuell. Das Programm umfasst Fachmodule aus den drei Masterstudiengängen Medieninformatik, Wirtschaftsinformatik und Wirtschaftingenieurwesen als auch Wahlmodule zu Schlüsselkompetenzen wie Sprach-, Medien- und Bewerbungskompetenzen. Je nachdem, welche Module belegt werden, dauert das Programm drei bis acht Monate.
Fast die Hälfte der Teilnehmer hat bereits einen Job gefunden
Die Bilanz spricht von Erfolg. Das BeuthBonus Programm durchläuft derzeit seinen dritten Durchgang. Einige, sehr aktive Teilnehmende haben noch während des Programmzeitraumes eine Stelle gefunden. Natürlich finden aber die Teilnehmenden in der Regel nicht immer unmittelbar nach Abschluss einen Job, dazwischen liegt die notwendige Bewerbungsphase. Das Ziel der Qualifizierung definiert die Qualifizierungskoordinatorin Constance Adlung von der Beuth Hochschule entsprechend:
„Am Ende sollten die Teilnehmenden ein On- und Offline-Profil haben, diverse berufliche Netzwerke nach ihren Bedürfnissen geknüpft haben und möglichst erste Vorstellungsgespräche unter Begleit-Coaching absolviert haben.“ Besonders aktive und engagierte Teilnehmende, ergänzt sie, haben schon während der Teilnahme am Programm einen Job gefunden. Insgesamt hat fast die Hälfte (sieben) der 16 Teilnehmenden aus den ersten beiden noch laufenden Durchgängen inzwischen eine Beschäftigung. „Ein weiterer Teilnehmer hat eine Ausbildung als Netzwerkadministrator angefangen. Die Anderen sind noch mit ihrem Fachmodul beschäftigt oder bewerben sich weiterhin.“
Sie schrieb Bewerbungen – ohne Erfolg
Wie viele zugewanderte Akademiker hatte auch Diana Stanica Schwierigkeiten, einen Job zu finden. Als sie im Januar 2015 nach Berlin kam, hatte sie gerade ihr Diplom als Ingenieurin der Energie- und Umwelttechnik in Lyon in Frankreich gemacht und noch keine Berufserfahrung. Nachdem sie während ihres Studiums bereits ein Auslandsjahr in Stuttgart gemacht und etwas Deutsch gelernt hatte , nahm sie nun in Berlin intensiven Deutschunterricht und erwarb im März 2015 das B2 /C1Level. „Ich lernte Deutsch und suchte gleichzeitig nach Jobs im Bereich der Erneuerbaren Energien.“ Sie schrieb Bewerbungen. Ohne Erfolg. „Erst nachdem ich die BeuthBonus-Qualifizierung begonnen hatte, erhielt ich mehrere Einladungen zu Bewerbungsgesprächen und letztendlich den Job an der TU Berlin.“
Von „BeuthBonus“ hatte sie erst im November 2015 erfahren. Sie bewarb sich umgehend. Im März 2016 begann die dreimonatige Qualifizierung: Im sogenannten „BeuthBonus Kompakt“ absolvierte sie die drei Module Bewerbungstraining, Sprachkompetenz und Medienkompetenztraining und drei Workshops zu Zeit- und Selbstmanagement, Stimm- und Körpertraining sowie wissenschaftlichem Arbeiten und fachbezogenen Onlineunterricht der Hochschule.
Deutsche Grammatik und Fachbegriffe, Bewerbungsanschreiben, Projektmanagement: Zwei Mal die Woche zwischen drei und acht Stunden hieß es für Diana Stanica und die weiteren Teilnehmenden nun „pauken, pauken, pauken“.
Der deutsche Arbeitsmarkt ist anders als der in Frankreich
Besonders hilfreich fand sie das Bewerbungstraining, sagt Diana Stanica. Denn am schwierigsten sei für sie gewesen, den fremden Arbeitsmarkt zu verstehen, sich diesem anzupassen und herauszufinden, welche Optionen bestehen. „Ich arbeite in der Energiebranche mit dem Fokus auf Erneuerbare Energien und selbstverständlich sind dieser Bereich und der Arbeitsmarkt ganz anders als in Frankreich.“ Monate an Internetrecherche habe es sie gekostet, die Jobs zu identifizieren, für die sie sich entsprechend ihres Studiums und ihrer Qualifikation bewerben könne. Auch wenn es um das Bewerbungsschreiben geht, gibt es kulturelle Unterschiede. „Du kannst nicht einfach dein bestehendes Schreiben oder den Lebenslauf ins Deutsche übersetzen. Hier läuft alles anders, vom Layout über die Formulierungen bis zu den Schwerpunkten.“ Und natürlich: Wer noch nicht gerade ausgezeichnet Deutsch spricht, hat es mit einer deutschen Bewerbung ohnehin schwer. „Es macht einen Riesenunterschied, professionelle Hilfe an der Seite zu haben.“
Es geht um die Skills für eine erfolgreiche Bewerbung
Entsprechend geht es beim BeuthBonus Programm auch nicht allein um die fachliche Qualifizierung, sondern vielmehr um die Qualifizierung für den spezifischen deutschen Arbeitsmarkt, dessen Mechanismen den Zugewanderten fremd sind. „Es geht um die Integration der Zuwanderer in den deutschen Arbeitsmarkt gemäß ihrer mitgebrachten Qualifikationen, also um den Erwerb der dafür notwendigen Kompetenzen – die Skills für eine erfolgreiche Bewerbung,“ sagt Constanze Adlung.
Das sind die Zugangsvoraussetzungen zum „BeuthBonus“
Wer an der Qualifizierung teilnehmen möchte, kann sich laufend (online) bewerben. Start ist immer im Dezember/Januar und im Juli. Zugangsvoraussetzungen sind ein abgeschlossenes Hochschulstudium und gute Deutschkenntnisse (Deutschsprachniveau mindestens B2 gemäß dem gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen). Es entstehen keine Kursgebühren – diese trägt das IQ-Förderprogramm. Nur die Kosten für die Anfahrt zu den Präsenzterminen zahlen die Teilnehmenden selber und sie sollten eigenständige, aktive Lernende sein.
MINT-Akademiker sind gefragt in Deutschland
BeuthBonus ist eines von mehreren Programmen bundesweit, die (MINT-)Akademiker entsprechend vorbereiten, denn der Bedarf nach ihnen ist hoch. Unternehmen suchen händeringend nach geeigneten Mitarbeitern und haben Schwierigkeiten, ihre Stellen zu besetzen. Der deutsche Arbeitsmarkt braucht insbesondere ausländische Ingenieure, Mathematiker, Informatiker und Naturwissenschaftler. So gibt es ähnliche Projekte unter anderem in Hamburg, Hessen, Schleswig-Holstein usw. Eine Liste aller Teilprojekte in den Landesnetzwerken des IQ-Foerderprogramms gibt es hier.
Das Förderprogramm IQ zielt auf die nachhaltige Verbesserung der Arbeitsmarktintegration von Erwachsenen mit Migrationshintergrund ab. Es wird aus Mitteln des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) und des Europäischen Sozialfonds (ESF) gefördert. Partner in der Umsetzung sind das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und die Bundesagentur für Arbeit (BA).
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