Neue Zahlen: So wenig Zuwanderung bei so viel Bedarf

Fachkraeftemangel

Der Fachkräftemangel in Deutschland erfordert Zuwanderung in großer Dimension. Doch neue Zuwanderungszahlen belegen: Die Zahl der Arbeitsmigranten, die nach Deutschland kommen, ist so niedrig, dass sie den Bedarf nicht im Ansatz deckt. Das berichtet rp-online.

Jede zweite Stelle in Deutschland können Unternehmen in Deutschland nur schwer besetzen, meldete das Institut der deutschen Wirtschaft Köln in diesem Jahr. Von einem Höchststand in Deutschland mit mehr als einer Million offenen Stellen, berichtete das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) im vergangenen Monat. Außerdem legte das IAB Anfang dieses Jahres Zahlen zum Bedarf der Zuwanderung vor: Ein Nettozuwanderung von 400.000 braucht Deutschland jährlich, um sein Erwerbspersonenpotenzial bis 2050 konstant zu halten. Nettozuwanderung? Das bedeutet schlichtweg: Bei einer Abwanderung von jährlich 800.000 (Durchschnitt Jahre 2011 bis 2015) ist Deutschland auf 1,2 Millionen Zuwanderer pro Jahr angewiesen.

Bisherige Fachkräftezuwanderung reicht bei Weitem nicht aus

Bei den deutschen Unternehmen brodele es schon lange, schreibt rp-online. Die bisherige Zuwanderung von Menschen, die hier Arbeit suchen oder bereits einen Arbeitsvertrag in der Tasche haben, könne den hohen Bedarf Deutschlands bei Weitem nicht auffangen.

Jüngste Zahlen aus dem Ausländerzentralregister, die die Bundesregierung auf Anfrage der Grünen verschickte und der rp-online-Redaktion vorliegen, bestätigen dies:
Im Jahr 2016 reisten nur 39.897 Menschen aus Nicht-EU-Ländern nach Deutschland „zum Zweck der Erwerbstätigkeit“ oder mit dem Aufenthaltstitel für Akademiker (Blue Card) ein.

Zwar erhielten insgesamt knapp 85.000 Personen eine Aufenthaltsgenehmigung, um eine Tätigkeit aufzunehmen oder einen Job zu suchen. Von diesen waren 44.216 jedoch schon vor 2016 eingereist. Brigitte Pothmer, arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, die die Anfrage an die Bundesregierung gestellt hatte, wird diesbezüglich von rp-online zitiert:

Die Zahlen belegen, dass wir von einer bedarfsgerechten Einwanderung von Fachkräften meilenweit entfernt sind. Bei über einer Million offener Stellen und nur 40.000 eingewanderten Fachkräften aus Drittstaaten muss man kein Mathe-Genie sein, um zu erkennen, dass das vorne und hinten nicht ausreicht

Doch woran liegt das? Eine starke Wirtschaft, die boomt, eine niedrige Arbeitslosenquote, relativ gute Gehälter: Deutschland dürfte ein attraktives Land sein.

Fachkräftemangel besteht in fast allen Industrieländern

Darauf gibt rp-online auch eine Antwort. Nicht nur Deutschland sei auf internationale Fachkräfte angewiesen, stattdessen gelte der Kampf um die Talente weltweit – doch seien die Arbeitsprozesse und die Kommunikation in Unternehmen in Deutschland zu wenig international. Zusätzlich habe das Land mit der deutschen Sprache einen Wettbewerbsnachteil. Während Fachkräfte also überall gebraucht seien, können diese sich aussuchen, ob sie nach Australien, in die USA oder Asien möchten – und dort fänden sie meist bessere Bedingungen vor als in Deutschland.

Deutschland muss also etwas tun, um sich im weltweiten Wettbewerb um die besten Köpfe zu behaupten. So rät Andreas Peichl, Leiter des Zentrums für Konjunkturforschung am Münchner Ifo-Institut, in rp-online zu einem Einwanderungsgesetz mit Punktesystem nach kanadischem Modell.

Auch in unserem Blog: 430.000 freie Stellen gab es Ende April 2017 im MINT-Bereich – eine Rekordlücke. Das geht aus dem MINT-Frühjahrsreport des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW) hervor. Ohne die Zuwanderung von Fachkräften aus dem Ausland wäre der Fachkräftemangel wesentlich größer.

Beitragsfoto:  francescoch / Istockphoto.com

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