Anerkennung der ausländischen Qualifikation ja oder nein?

Ein freundlicher Text aus dem Flyer Anerkennung-in-Deutschland lädt ein:

„Sie möchten in Deutschland in Ihrem erlernten Beruf arbeiten? Sie sind herzlich willkommen! Denn Deutschland braucht qualifizierte Fachkräfte. Ihren im Ausland erworbenen Berufsabschluss können Sie mit den Anforderungen an diesen Beruf in Deutschland vergleichen lassen. “

Das klingt einfach. Ist es aber nicht. So schreibt der Journalist Martin Kaluza in seinem Artikel „Verschenkte Potenziale“ auf der Seite der Hans-Boeckler-Stiftung:

„Wer sich mit Experten aus Migrationsforschung und Beratungsstellen unterhält, erfährt schnell, dass die Umsetzung komplizierter ist, als die Grundidee des Gesetzes vermuten lässt. Es wimmelt von Ausnahmen, Nuancen und Zuständigkeiten. Die Anerkennung von im Ausland erworbenen Bildungsabschlüssen ist ungefähr so übersichtlich wie das deutsche Steuersystem,“

Mit seiner Einschätzung bleibt Kaluza nicht allein. Auch die Projektleiterin des Portals „Anerkennung-in-Deutschland“ Claudia Moravek spricht vom  „Zuständigkeitsdschungel“.

Lohnt sich die Anerkennung der ausländischen Qualifikation?

Moravek weiß auch: Bereits vor der Antragstellung ist enorme Arbeit zu leisten – und zwar, herauszufinden, ob diese sich überhaupt lohnt.

 „[Anerkennungssuchende sollten] sich einen Überblick über die Ausbildungsinhalte und Zuständigkeit von deutschen Referenzberufen, die gesetzlichen Regelungen der möglichen Anerkennungsverfahren, des Aufenthalts- und Arbeitsrechts (dies gilt v.a. für Bürger/-innen aus sog. Drittstaaten) sowie die Beschaffenheit des deutschen Arbeitsmarkts verschaffen. Denn nur dann können sie überhaupt einschätzen, ob ein Anerkennungsverfahren für ihre berufliche Zukunft in Deutschland sinnvoll ist, welche Erfolgschancen auf eine Anerkennung sie haben und welche Institution für die Antragstellung zuständig ist.“

 

Erste Überlegung, erste Herausforderung:
Um zu klären, ob sich die Anerkennung Ihres Abschlusses lohnt, müssen Sie also zahlreiche Informationen rund um folgende Fragen zusammensuchen:

 

  • Wie steht es um die gesetzlichen Grundlagen?
  • Und wie um das Berufsbildungssystem in Deutschland?
  • Wie sieht der Arbeitsmarkt in Deutschland aus?

 

Ein Anerkennungsverfahren lohnt sich natürlich nur, wenn Sie auch in Deutschland arbeiten dürfen.

  •  Sie benötigen also Informationen zum deutschen Aufenthalts- und Arbeitsrecht.

 

Der Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt ist beschränkt – grundsätzlich gilt:
Wer einen Aufenthaltstitel erhält, regelt sich nach dem Bedarf des Arbeitsmarktes.

  • Akademiker und qualifizierte Fachkräfte sind gefragt, aber das nicht in allen Berufen
  • Der Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt hängt vom Herkunftsland und der Qualifikation ab

Und da wiederum gibt es unterschiedliche Aufenthaltstitel.

Mit einem flüchtigen Scannen des Internets ist die Antwort auf die Frage, ob ein Anerkennungsverfahren sich für Sie lohnt, nicht getan.

Sie haben sich tapfer alle Informationen zusammengesammelt und sind nun um einiges schlauer:
Sie wissen nun, welchen Aufenthaltstitel Sie in Deutschland beantragen können.

Die Rechtsrecherche ist noch nicht am Ende.

Anerkennungsverfahren: Rechtliche Grundlagen

Jetzt müssen Sie sich mit den gesetzlichen Regelungen des Anerkennungsverfahrens auseinandersetzen rund um
Rechtsanspruch, Möglichkeit und Notwendigkeit in Bezug auf das Anerkennungsverfahren.

Sie als Angehöriger eines EU/EWR Staates oder der Schweiz und somit Rechtsinhaber der Arbeitnehmerfreizügigkeit wissen nun:

  • Ein Anerkennungsverfahren ist erforderlich, wenn Sie einen reglementierten Beruf ausüben
  • Üben Sie zwar einen nicht-reglementierten Beruf aus, dann kann sich das Anerkennungsverfahren trotzdem lohnen
  • Denn Ihr potentieller Arbeitgeber kann Ihre Qualifikation besser einschätzen
  • Die Anerkennung kann es Ihnen erleichtern, einen Job zu finden.

 

Sie als Akademiker bzw. Hochqualifizierter eines Drittstaates wissen Bescheid:

  • Sie können grundsätzlich einen Aufenthaltstitel in Deutschland beantragen, die Blaue Karte EU. Für Sie gilt dann ebenso:
  • Ein Anerkennungsverfahren ist erforderlich, wenn Sie einen reglementierten Beruf ausüben
  • Üben Sie zwar einen nicht-reglementierten Beruf aus, dann kann sich das Anerkennungsverfahren trotzdem lohnen
  • Denn Ihr potentieller Arbeitgeber kann Ihre Qualifikation besser einschätzen
  • Die Anerkennung kann es Ihnen erleichtern, einen Job zu finden

Und Sie als beruflich Qualifizierter eines Drittstaats wissen nun:

  • Ob sich das Anerkennungsverfahren lohnt oder nicht, hängt davon ab, ob Ihr Beruf zu den Mangelberufen in Deutschland zählt oder nicht
  • Denn nur, wenn dies der Fall ist, können Sie einen Aufenthaltstitel beantragen
  • In jedem Fall gilt: Sie benötigen die Anerkennung Ihrer ausländischen Qualifikation

Magelberufe? Sie recherchieren abermals.

Mit diesem Fundus an Rechtswissen sind Sie schon ein Stück weiter.
Es folgt der nächste Schritt, die nächste Herausforderung:

Den deutschen Referenzberuf finden.

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