MINT-Fachkräfte fehlen: Gefahr für deutsche Wirtschaft

MINT-Fachkraeftemangel

Nicht einmal genügend Nachwuchs, um die Arbeitskräfte zu ersetzen, die in Rente gehen – und dann boomt sie auch noch: Die Branche der Mathematiker, Informatiker, Naturwissenschaftler und Techniker (MINT) trifft der demografische Wandel in Deutschland besonders stark. Und wer hätte das gedacht: Nicht der Akademiker-Mangel ist das primäre Problem. Was die deutsche Wirtschaft bedroht, ist der Mangel an Fachkräften mit Berufsausbildung.

 

Ersatz für scheidende MINT-Fachkräfte fehlt

Irgendwann ist Schluss. Genug gearbeitet. Der Lebensabend hat nach getaner Arbeit auch mal Zeit verdient. Einer klappt die Akten zu und widmet sich fortan der Gartenarbeit und dem Bridge. Er geht zu den Alten in Deutschland über. Davon gibt es ziemlich viele.
Sagen wir es in Zahlen: Der MINT-Arbeitsmarkt braucht, laut Institut der deutschen Wirtschaft Köln, Ende 2020 Ersatz für rund rund 1.549.000. beruflich qualifizierte MINT-Fachkräfte.
Und nun? Vorgesehen ist: Aus alt wird jung, ein neues Gesicht im Unternehmen: Das ist die Logik der Natur. Nicht so in Deutschland. Junge? Davon gibt es ziemlich wenig. Zu wenig.
Der sogenannte Ersatzbedarf kann laut IW nicht gedeckt werden.

MINT-Boom fordert Arbeitskräfte, die es nicht gibt

Und das ist längst nicht alles:
Gerade erst hat einer das I-Phone 5 erworben, schon steht er Stunden vor Öffnungsbeginn in der Schlange vorm Apple-Store – ein bisschen mehr hat das frisch auf den Markt kommende I-Phone 6 doch zu bieten. Der Hunger nach Entwicklung und Innovation ist groß.
Und wer tüftelt und werkelt, um diesen Hunger zu stillen? MINT-Personal ist die treibende Kraft hinter dem deutschen Fortschritt und es wird immer und immer mehr gebraucht.

Erfunden wird vor allem dort, wo viel geforscht wird: In den Hightech-Branchen. Und dieser Zweig saust in seiner Entwicklung nach vorn. Technischer Fortschritt, langfristiger volkswirtschaftlicher Wachstum, der Wandel zur wissensintensiven Gesellschaft kennzeichnen unser heutiges Leben. Einige Beispiele, die die Dimensionen aktueller Entwicklungen klar machen:
Die Energiewende, die zunehmende Verbreitung modernster Informations- und Kommunikationstechnologien, die Einführung der Elektromobilität und die Digitalisierung in der Industrie.
Sie sorgen dafür, dass die MINT-Branche boomt und mehr und mehr Arbeitskräfte braucht.

Arbeitskräfteengpass läuft auf 1,3 Millionen zu

Der MINT-Report spricht Klartext: Berechnet man den künftigen Expansionsbedarf für Ende 2020 in Anbetracht des Wachstumstempos der Beschäftigung im Zeitraum von 2005 bis 2012, dann heißt das: Zusätzlich braucht der MINT-Arbeitsmarkt rund 646.000 beruflich qualifizierte Arbeitskräfte.
Rechnen wir den Ersatzbedarf hinzu, dann braucht er 2,2 Millionen MINT-Fachkräfte.

Das Problem: „Ohne Zuwanderung und weitere Maßnahmen zur Fachkräftesicherung steht diesem Bedarf an neuen Fachkräften jedoch durch die Ausbildung im Inland nur ein Angebot in Höhe von rund 954.000 MINT-Fachkräften gegenüber“, so der Report, der die aktuellsten Berechnungen enthält. Die Folge: Der aktuelle Arbeitskräfteengpass dürfte sich von 75.000 auf rund 1,3 Millionen erhöhen.

Es zeigt sich ein großes Gefälle: Verfolgt die Bundesregierung ihre Maßnahmen zur Fachkräftesicherung weiter, dann werden Akademiker die steigende Nachfrage in den kommenden Jahren decken. Unter der gleichen Voraussetzung aber wird es nicht genügend MINT-Fachkräfte geben. Da sind zusätzliche Anstrengungen erforderlich. Wie kommt es dazu?

Akademiker werden mehr, Fachkräfte weniger

Hintergrund: Immer mehr junge Menschen studieren, immer weniger beginnen eine Ausbildung. Innerhalb der vergangenen 20 Jahre habe sich die Zahl der Studienanfänger mehr als vedoppelt – insbesondere die MINT-Fachrichtungen haben davon profitiert, sagt Dr. Oliver Koppel vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln: „Früher fingen mehr als doppelt so viele Jugendliche eine Ausbildung wie ein Studium an. Heute herrscht nahezu Gleichstand.“

Außerdem habe insbesondere der Arbeitsmarkt für MINT-Akademiker von einer hohen Zuwanderung profitiert. Koppel: „Der MINT-Ausbildungsbereich hingegen nicht, nicht zuletzt, da es in kaum einem anderen Land ein duales Ausbildungssystem nach deutschem Standard gibt – im Gegensatz etwa zur Informatikerausbildung an Hochschulen, bei der zahlreiche andere Länder ebenfalls ein hohes Ausbildungsniveau aufweisen.“

Deshalb gelte es zu handeln, insbesondere die Landespolitik sollte ihren Schulunterricht MINT-freundlicher gestalten (Informatiklehrer sucht man vergebens, naturwissenschaftlicher Unterricht fällt regelmäßig aus, auch wegen Lehrermangels), sagt Koppel. Und die Schulen sollten die Angebote, die bereits existieren (Schnupperkurse und Projektarbeit für Schüler in MINT-Betrieben) viel stärker annehmen als bisher. Hier gelte es insbesondere, die Lehrer zu motivieren, denn wo einmal die Kooperation Schule/Wirtschaft etabliert wurde, liefe es bereits sehr gut. Die Hemmschwelle seitens der Lehrer sei jedoch oft beträchtlich.

Koppel:
„Die Berufsorientierung in den Schulen muss verbessert werden und die Attraktivität einer MINT-Ausbildung besser herausstellen. Die zahlreichen Maßnahmen zur Begeisterung von Frauen für MINT-Ausbildungsberufe haben leider noch nicht den erwünschten Erfolg gebracht. Und die Unternehmen müssen noch stärker als bisher auf Migranten und Studienabbrecher zugehen, um diese für eine MINT-Ausbildung zu gewinnen.“

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Beitragsbild: anyaivanova / Shutterstock.com

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