Wenn der Mai kommt: Expertinnen erklären deutsche Bräuche

Der Mai kommt, Deutschland streift den Winter ab und feiert – Überall und überall anders. Wir haben für Sie mit zwei Expertinnen gesprochen: Sie erklären, welche Mai-Traditionen es gibt.

Walpurgisnacht

Wenn die Hexen mit dem Teufel ums Feuer tanzen: Nach altem Volksglauben tun sie dies in der Walpurgisnacht am 30.4. auf dem Blocksberg (Brocken) im Harz. „Der Brauch der Walpurgisnacht geht auf die Heilige Walpurgis zurück, die im 8. Jahrhundert lebte. Sie war eine Äbtissin, der nachgesagt wurde einen besonderen Schutz gegen Hexen und Zauberkraft zu bieten“, sagt Dr. Annegret Braun vom Institut für Volkskunde an der Universität München.

Walpurgisnacht
Volkskundlerin Dr. Annegret Braun Foto: R. Bröcker

„Heute werden in der Nacht vor dem 1. Mai Hexenfeste veranstaltet, vor allem im Harz auf dem Brocken. Es gibt einen Umzug für Hexen und dann tanzt man den Hexenreigen. In der Eifel gibt es Gruselpartys oder den Tanz um das große Hexenfeuer. Dort gibt es auch einen mehrtägigen Hexenmarkt.“
Im Lauf der Jahrhunderte ist dann das Feiern und Tanzen wichtiger geworden und das geht auch ohne Feuer. Überall in Deutschland kann man am 30.April in den Mai tanzen.

Freinacht

Die Nacht der Streiche und des Unfugs: Während in Bayern die Hexennacht nicht so bekannt sei, so die Volkskundlerin Dr. Braun, sei es hier die Freinacht, in der Streiche erlaubt sind. „Es handelt sich um einen Rügebrauch, der vor allem in Dörfern verbreitet ist. Man hat unordentliche Dorfbewohner durch diesen Brauch öffentlich gerügt, indem man zum Beispiel dem Bauern, der seinen Heuwagen nicht aufgeräumt hat, diesen in der Freinacht auf das Dach gestellt hat. Oder es ist erlaubt Gartenmöbel wegzutragen oder Gartentürchen auszuhängen.“

Haben Sie schon mal Unfug getrieben in der Freinacht? Wir freuen uns darüber, wenn Sie’s uns mitteilen!

Maibaum-Aufstellen

Tanzende Dörfer beim Folklore-Event: Ein weiterer Maibrauch, ebenfalls vor allem in Bayern und im Rheinland verbreitet, ist das Aufstellen des öffentlichen Maibaums: Dabei handelt es sich um einen Baumstamm der mit Fahnen, Kränzen und Schnitzereien geschmückt wurde.

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Das Maibaum-Aufstellen wird zum Event Foto: K. Bauer, LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte

 

„Der Brauch ist schon im 16. Jahrhundert belegt. Heute wird das Maibaum-Aufstellen vor allem von Stadt-Marketing-Zusammenschlüssen organisiert, ist folkloristisch aufgeladen und wird zum Event: Häufig gibt es dazu einen Maimarkt oder eine Mai-Kirmes“,  sagt Dr. Katrin Bauer, Kulturwissenschaftlerin am LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte in Bonn.
In Bayern sei das Maibaum-Aufstellen sowohl in den Städten als auch auf dem Land sehr verbreitet, so die Münchner Volkskundlerin Dr. Braun: „Der Maibaum wird geschmückt mit Zeichen der Handwerker und Institutionen, die es im Dorf gibt und einem Kranz. Oft wird unter dem Maibaum getanzt.“

Maibaum-Klauen

Weg ist er, der Maibaum … Das ist vor allem ein bayrischer Brauch. Dr. Braun: „Bevor der Maibaum aufgestellt wird, muss er bewacht werden, denn jedes Dorf versucht, einem anderen Dorf den Maibaum zu klauen. Gelingt es, so muss das Dorf, das seinen Maibaum wieder zurück haben möchte, den Dieben Bier und Brotzeit als Auslöse bezahlen.“

Maikönigin

Mai-Traditionen
Dr. K. Bauer Foto: D. Schmitz, LVR-Zentrum für Medien und Bildung

Teure Königin sein, das ist vorrangig im Rheinland möglich, teilweise auch im Saarland und Hessen: Vor allem in dörflichen Regionen habe sich die sogenannte Mailehen-Versteigerung etabliert, erklärt die Bonner Kulturwissenschaftlerin Dr. Bauer. Die Namen der unverheirateten Mädchen des Dorfes landen auf einem Zettel in einem Pott. Junggesellen können ihre Liebsten ersteigern. „Diejenige, die am meisten Geld einbringt, wird Maikönigin des Dorfes. Sie hat repräsentative Aufgaben, muss zum Beispiel beim Umzug vorangehen und sich da mit dem ‚Probemann‘, der sie ersteigert hat, präsentieren und die anderen Junggesellen unterhalten.“

Liebesmaien

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In Schaltjahren stellen Mädchen den Jungs einen Maibaum auf Foto: K. Bauer, LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte

Mit den Bäumen wird im Mai noch mehr angestellt! Junge Männer stellen jungen Frauen geschmückte Maibäume, junge Birken, als Liebesbekundung vor die Tür, immer daran befestigt ein Herz aus Holz mit dem Namen der Verehrten. „Der Brauch hat sich in den 80er Jahren auch im urbanen Umfeld etabliert“, sagt Dr. Bauer. „Wer am 1. Mai durchs Rheinland fährt, sieht unzählige Maibäume, gerade auch in den Städten. Mittlerweile gibt es sogar Agenturen, die das Maibaum-Aufstellen komplett übernehmen.“
Interessant: Seit circa 15 Jahren hat sich der Brauch etabliert, dass die Mädchen den Jungs einen Maibaum stellen.

 

Haben Sie diese Bräuche schon mal erlebt?
Kennen Sie noch andere Mai-Traditionen? Lassen Sie es uns gerne wissen!

Der 1. Mai ist in ganz Deutschland Anlass zum Feiern: Wo Sie die richtige Party für sich finden, erfahren Sie in unserem Beitrag „Tanz in den Mai: Hier können Sie feiern.“

Mehr über Deutschland und die deutsche Kultur erfahren Sie in unseren Beiträgen „Die neuen Deutschen – Studie zum Wandel der Gesellschaft„, „Vereine: Gemeinsam statt einsam“ oder „Top 10: Was die Deutschen lieben.

Deutschland von außen betrachtet: Lesen Sie, wie ein Spanier, ein Inder oder eine Amerikanerin ihre Erfahrungen in Deutschland beschreiben.

 

 

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