Internationale Studierende: Im Maschinenbau finden sie Jobs

Aufenthaltstitel internationale Fachkräfte

Rund ein Fünftel der Studierenden an der Universität Stuttgart sind internationale Studierende. Gibt’s Probleme mit der Sprache, wollen sie bleiben, finden sie einen Job? Informatikprofessor Michael Resch teilt seine Erfahrungen im Interview mit Employland. 

Employland: Herr Resch, etwas mehr als ein Fünftel aller Studierenden an Ihrer Uni sind internationale Studierende. Warum ist die Uni Stuttgart für Ausländer attraktiv?

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„Die Uni Stuttgart profitiert von ihren internationalen Studierenden“, Prof. Michael Resch

Michael Resch: Die Universität Stuttgart hat ein besonderes Profil aus ihrer Verbindung von Ingenieurwissenschaften mit Naturwissenschaften und den Geistes- und Sozialwissenschaften. Darüber hinaus haben wir natürlich international einen herausragenden Ruf, wenn es um angewandte Wissenschaft geht und die enge Kooperation mit der Industrie. Hier spielt die räumliche und inhaltliche Nähe zu Firmen wie Daimler, Porsche oder Bosch eine wesentliche Rolle.

Employland: Haben internationale Studierende Schwierigkeiten, Vorlesungen in deutscher Sprache zu folgen und Prüfungen zu bestehen?

Michael Resch: Das ist sicher unterschiedlich. Es gibt die Fälle, in denen trotz einer entsprechenden Sprachschulung Probleme bestehen. Prinzipiell sind die meisten Studierenden aber sehr gut auf die sprachlichen Herausforderungen vorbereitet. Probleme gibt es manchmal mit den Kurzzeit-Studierenden aus anderen Ländern, die über Programme wie ERASMUS kommen. Ein Fall, dass eine Prüfung wegen Sprachschwierigkeiten nicht bestanden wurde, ist bei mir noch nicht aufgetreten und ich prüfe etwa 1200 Studierende jährlich.

Employland: Sie bilden Studierende aus in einem Berufsbereich, in dem es in Deutschland an Fachkräften mangelt. Wünschenswert ist, dass die Absolventen in Deutschland bleiben und ihr Gelerntes in den Arbeitsmarkt einbringen. Ist das das Ziel Ihrer Studierenden?

Michael Resch: Man muss sich dabei darüber im Klaren sein, dass die jungen Menschen die aus dem Ausland zu uns kommen, zwar eine Entscheidung für Stuttgart als Studienort getroffen haben, dass aber die Frage der Rückkehr in das Heimatland für die meisten im Lauf des Studiums erst zu einer Entscheidung führt. Das primäre Ziel ist – wie bei den meisten Studierenden – zunächst der erfolgreiche Abschluss. Aus der Praxis sehen wir, dass mit längerem Aufenthalt durch das Studium sehr oft auch eine Identifikation mit der Stadt und Freude an dem Lebensstil in Stuttgart entsteht, der dann dazu führt, dass viele lieber bleiben als wieder zu gehen. Das ist also ein dynamischer Prozess.

Employland: Internationale Studierende gelten als Idealzuwanderer, da sie über Deutschkenntnisse verfügen und als integriert gelten. Wie sehen Sie das?

Michael Resch: Internationale Studierende haben sicher mehr Merkmale der Integrationsfähigkeit als ungelernte Arbeitskräfte. Mit dem Abschluss erhöhen sich oft ihre Chancen auf einen Arbeitsplatz und die Deutschkenntnisse erleichtern die Integration im Alltag. Was es überhaupt bedeutet, dass sie integriert seien, ist eine interessante Frage. Aus meiner Sicht ist Integration im Wesentlichen die Bereitschaft, die Regeln in dieser Gesellschaft zu akzeptieren und sich in diese Gesellschaft einzubringen. Da gibt es unterschiedliche Faktoren. Es gibt Menschen die sich über sportliche Aktivitäten in Vereinen integrieren und andere, die sich in Organisationen für die Verständigung zwischen ihrer Heimat und Deutschland einsetzen und sich darüber integrieren. Andere integrieren sich, indem sie sich einfach in ihrer Nachbarschaft engagieren. Es gibt aber aus meiner Sicht kein Maß für die Integration eines Menschen.

Employland: Integriert ist also, wer sich engagiert? Sollten wir das also unbedingt von internationalen Studierenden erwarten?

Wenn wir von Studierenden sprechen die nach Deutschland kommen, dann müssen wir uns darüber im Klaren sein, dass für diese Menschen die Aufgabe, sich zu integrieren doppelt schwer sein kann. Einerseits müssen sie in einer fremden Sprache ein Studium absolvieren, dass schon den Einheimischen alles abverlangt. Andererseits müssen sie darüber hinaus sehr oft noch die Finanzierung des Studiums durch Arbeit sicherstellen. In so einer Situation ist es nicht sinnvoll, die gleichen Maßstäbe für gesellschaftliches oder politisches Engagement anzulegen, die wir bei Einheimischen bzw. Muttersprachlern anlegen. Es ist dann auch nicht verwunderlich, wenn ausländische Studierende nicht so zahlreich zum Beispiel in der Studierendenvertretung anzutreffen sind. Grundsätzlich stellt sich dann aber auch die Frage, was wir tun, um bei der Integration zu helfen und inwieweit sich unsere Studierendenvertretungen überhaupt um das Problem kümmern.

Employland: Gibt es Unterstützungs- und Beratungsangebote, um den Übergang in den Job zu erleichtern?

Michael Resch: Es gibt eine Reihe von Maßnahmen, um Arbeitgeber und Absolventen schon in der Abschlussphase des Studiums zusammenzubringen. In diesem Bereich ist die Universität Stuttgart sehr aktiv.

Employland: Zahlen belegen, dass viele internationale Absolventen keinen Job finden. Gilt das für Ihre Absolventen auch?

Michael Resch: Diesen Trend sehen wir bei den Ingenieuren eher nicht. Wir haben vor kurzem in einer kleinen Feier Abschlusszeugnisse für unsere Diplomingenieure und Master vergeben und haben dabei keine signifikanten Unterschiede bei der Arbeitsplatzsuche gesehen. Das mag aber eine Besonderheit des Maschinenbaus sein.

Employland: Profitiert die Uni Stuttgart von den internationalen Studierenden?

Michael Resch: Die Universität Stuttgart profitiert in vielerlei Hinsicht von der Internationalität ihrer Studierenden – sowohl von den Gästen die zu uns kommen als auch von den Deutschen die ins Ausland gehen und wieder zurück kommen. Der internationale Austausch erweitert den Horizont, gibt neue Ideen und Einblicke und macht die Menschen offener für den Umgang miteinander in einer globalisierten Welt. Das stellt uns als Universität natürlich auch vor Herausforderungen, die wiederum dazu führen, dass wir uns kontinuierlich verbessern. Was für ein Unternehmen die internationale Konkurrenz im Produkt ist, ist für uns die internationale Konkurrenz in den Ideen. Da sind internationale Studierende eine Bereicherung.

Auch in unserem Blog: Über Herausforderung von internationalen Absolventen beim Berufseinstieg in Deutschland, sprach mit uns Anja Deutschmann, Beraterin von internationalen Studierenden an der Uni Magedburg. Was der Wissenschaftsrat rät, um das Potenzial internationaler Studierender besser auszuschöpfen, lesen Sie hier. Interessiert Sie, wo in Deutschland ausländische Fachkräfte am liebsten leben? Sie erfahren es hier.

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