Sie hegen und pflegen es, geben ihm Namen, ja sie sprechen sogar mit ihm. Zum Auto haben die Deutschen ein ganz besonderes Verhältnis. Nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Yougov geben 69 Prozent der Deutschen an, ihr Auto „zu lieben“. Den einen kann es dabei nicht schnell genug gehen, die anderen stehen auf Größe, Luxus oder Bequemlichkeit – die Beziehungskiste Auto zeigt sich so bunt und vielfältig wie das wahre (Liebes)-Leben. In einem Punkt sind sich die Deutschen aber einig: Solide müssen Autos sein, zuverlässig und qualitativ hochwertig.
Volkswagen verliert „das Auto“
Jahrzehntelang waren Autos „made in Germany“ der Inbegriff dieser Werte. Vorsprung durch Technik lautete die Devise, da durften die Ingenieure in ihren Entwicklungslaboren auch mal verschroben und detailverliebt daherkommen – was zählte, waren Präzision und Perfektionismus. Das Selbstbewusstsein deutscher Autohersteller ging mit dem Minimal-Claim der Wolfsburger um die Welt: „Volkswagen. Das Auto“ Punkt! Nun hat der gute Ruf gelitten. Der VW-Abgas-Skandal lastet auf der gesamten Branche. Mittlerweile ist VW um „Das Auto“ ärmer, wie das Medienmagazin „Horizont“ berichtet: Künftig wirbt der Konzern pur, mit „Volkswagen“.
Markentreu trotz Imageschaden
Aber so schnell stirbt Liebe nicht. 2015 trugen zweidrittel aller PKW-Neuzulassungen in Deutschland das Logo einer heimischen Marke. Und: Während in anderen Ländern der Absatz von VW-Neuwagen deutlich einbrach, wurden laut Kraftfahrzeug-Bundesamt im vergangenen Jahr mehr Volkswagen verkauft als im Vorjahr. Zweitstärkste Marke bleibt Mercedes, auf Rang drei folgt Audi, dahinter reiht sich BMW ein, gefolgt von Opel und Ford. Komplettiert wird die Liga der heimischen Marken von Smart und Porsche.
Keine Farbe, bitte!
Deutsche mögen dezente Farben. Fast drei Viertel aller Neuwagen sind aktuell in Farben lackiert, die eigentlich keine sind. Einer Statistik des Verbandes der Automobilindustrie zufolge dominierte 2015 Grau in allen seinen Schattierungen. 28,7 Prozent aller Neuwagen wurden in dieser Lackierung ausgeliefert – vor Schwarz, das 2014 auf Platz eins stand. Mit knapp 20 Prozent folgt eine Farbe, die vor 30 Jahren bei nicht mal zwei Prozent lag: weiß.
Freizeit- und Sportgefährte
Bunt ist das Bild auf deutschen Straßen also nicht, aber belebt. Denn das Auto ist nach wie vor das beliebteste Verkehrsmittel im Land. Mehr als drei Viertel der Haushalte in Deutschland haben mindestens ein Auto (Jahrbuch 2015 statistisches Bundesamt). Zwei Drittel nehmen den Wagen für den Arbeitsweg, nur 14 Prozent öffentliche Verkehrsmittel. Jeweils neun Prozent radeln zur Arbeit oder gehen zu Fuß. Der Rest betreibt Sport im Auto. Vor allem Männer leben im Wagen ihren körperlichen Bewegungs- und Betätigungsdrang aus, wie Freizeitforscher herausgefunden haben. Und spätestens am Wochenende wird so mancher Weg zum Ziel. Einfach nur so durch die Gegend fahren ist hierzulande eine Freizeitbeschäftigung.
Spaßobjekt statt Statussymbol
Unabhängig und frei – auch dafür steht das Autofahren. Und deswegen wird auf deutschen Straßen und Autobahnen gerne schnell gefahren. Deutschland ist Europas letzte Bastion gegen ein generelles Tempolimit auf Autobahnen. Gegen eine Einführung kämpfen der Autofahrerclub ADAC, in dem etwa 19 Millionen Mitglieder organisiert sind und der Verband der Automobilindustrie VDA. „Ich will Spaß, ich geb’ Gas“, der Refrain aus dem Deutsche Welle-Hit der frühen 80er hat für viele Autofahrer seinen Reiz nicht verloren. Zwar könnte man in den Metropolen des Landes den Eindruck bekommen, das Auto sei out und habe vor allem in der Generation der 20-30-Jährigen als Statussymbol ausgedient, der fahrbare Untersatz bleibt dennoch ein attraktiver Teil des Lebens. In der Sprache der Experten: Das Auto als Cocooning-Raum hat Zukunft, und sei es in veränderter Form. Die Deutschen werden deshalb noch auf viele Jahre – ihr Auto lieben.
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