Sie sind, was deutsche Unternehmen brauchen und doch kümmert Deutschland sich zu wenig: Internationale Studierende an deutschen Hochschulen sind ein enormes Wirtschaftspotential in Zeiten des deutschen Fachkräftemangels. Deutschland ist ein beliebter Studienstandort, doch: Viele brechen ihr Studium ab und viele ausländische Absolventen gehen in ihre Heimat zurück.
Jeder Fünfte Studienanfänger hat einen ausländischen Pass
Laut Statistischem Bundesamt verzeichneten die deutschen Unis mehr als 300.000 internationale Studierende im Wintersemester 2014/2015. In den Jahren 2008 bis 2013 stieg die Zahl der Studienanfänger um knapp acht Prozent pro Jahr, so der Hochschul-Bildungs-Report 2015 vom Stifterverband und McKinsey. Derzeit machen ausländische rund 20 Prozent aller Studienanfänger in Deutschland aus. Die Zahlen scheinen vorm Hintergrund des Fachkräftemangels ein Segen zu sein: Wenn diese künftigen Akademiker da anpackten, wo es in Deutschland eng wird,wäre Abhilfe getan. Doch da läuft etwas schief.
Absolventen bleiben nicht in Deutschland
Aus dem Report geht auch hervor: 41 Prozent der internationalen Studierenden brechen ihr Bachelor-Studium ab. Damit ist die Zahl wesentlich höher als die Abbrecherquote ihrer deutschen Kommilitonen (28 Prozent). Das Problem: 41 Prozent der ausländischen Studierenden haben Schwierigkeiten sich im deutschen Studiensystem zurechtzufinden, 39 Prozent haben Probleme mit der Finanzierung und circa ein Drittel nennt Verständigungsschwierigkeiten. Darüber hinaus geht mehr als die Hälfte (54 Prozent) der Absolventen nach dem Studium in ihr Heimatland zurück.
Ausländische Absolventen finden keinen Job
Aus der Studie vom Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR) geht hervor, dass zwar viele internationale Absolventen deutscher Hochschulen nach dem Abschluss in Deutschland bleiben möchten, ihnen aber der Übergang in eine Beschäftigung nicht gelingt. Und auch 30 Prozent derjenigen, die eine Arbeit finden, geben an, mindestens ein Jahr lang auf Arbeitssuche gewesen zu sein.
Es fehlt an Unterstützung
Die SVR-Studie benennt auch, woran es hakt: Den ausländischen Absolventen fehlt es an Erfahrungen mit dem deutschen Arbeitsmarkt und an Netzwerken. Sie brauchen Unterstützung, doch von der gibt es nicht genug. Die Angebote der Hochschulen sind lückenhaft und setzen zu spät an. Außerdem: Deutsche Unternehmen sind zu zurückhaltend. Zwar rekrutieren an 55 Prozent der Hochschulen Großunternehmen internationale Absolventen, doch tun das kleine Unternehmen mit unter 50 Mitarbeitern fast nie. Nur rund 28 Prozent der deutschen Hochschulen arbeiten mit Unternehmen zusammen, um internationalen Absolventen den Berufseinstieg zu erleichtern. Der SVR empfiehlt:
„Um die Hochqualifizierten beim Übergang in den deutschen Arbeitsmarkt systematisch zu begleiten, müssen Hochschulen, Arbeitgeber, Politik und Verwaltung ihre Unterstützungsangebote stärker an den Bedarfen internationaler Studierender ausrichten und in einem kooperativen regionalen Übergangsmanagement nachhaltig etablieren.“
Während die Bundesregierung Fachkräfte im Ausland anvisiert, um den Mangel an Fachkräften im Land zu decken, scheint es paradox, dass internationale Absolventen im Inland an der Jobsuche scheitern. Da sind sie: Mitten im Land, hochqualifiziert, mit der deutschen Kultur und Sprache vertraut – und mit dem Wunsch hier zu arbeiten. Doch sie gehen. Das sind vertane Chancen Deutschlands, das diese Fachkräfte braucht.
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