Crashkurs Anerkennungsgesetz

Kürzen wir das sperrige Wortkonstrukt „Gesetz zur Verbesserung der Feststellung und Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen“ wie allgemein üblich ab und sprechen vom Anerkennungsgesetz. Sprechen wir auch davon, wer von diesem Gesetz profitiert.

Anerkennung der ausländischen Qualifikation

Angenommen Sie sind Bauelektriker in Indien und haben Interesse an einem Job in Deutschland. Würde ein Unternehmen Sie mit Ihrer indischen Ausbildung in Deutschland einstellen?
Deutsche Unternehmen klagen über Fachkräftemangel. Und: Der Beruf des Bauelektrikers zählt zu den Mangelberufen. Aber, nehmen wir weiter an, ein deutscher Arbeitgeber zeigt Interesse – dann will er wissen, ob Ihre Qualifikation der eines ausgebildeten deutschen Bauelektrikers entspricht. Ihr potentieller Arbeitgeber hat keine Ahnung vom Ausbildungssystem in Indien. Er benötigt Informationen, eine Art Gleichwertigkeitscheck, um Ihre Qualifikation zu vergleichen. Zwar gilt der Beruf des Bauelektrikers als ein nicht-reglementierter, d.h. eine Anerkennung der Qualifikation ist nicht gesetzlich vorgeschrieben. Sie kann dem Arbeitgeber aber helfen, Ihre Kompetenzen einzuschätzen. Das erhöht Ihre Chancen, einen Job zu finden.

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Eletriker gehören zu den gefragten Berufen in Deutschland Foto: JPWALLET

Anerkennung der ausländischen Qualifikation in reglementierten Berufen

Angenommen Sie sind nicht Bauelektriker, sondern Arzt. Das ist in Deutschland ein sogenannter reglementierter Beruf. Dann interessiert sich nicht nur der Arbeitgeber für Ihre Qualifikation, weil Sie nur mit einem nachgewisenen Abschluss, in diesem Fall das Staatsexamen, in Deutschland Ihren Beruf ausüben dürfen. Ihre ausländische Qualifikation muss gleichwertig sein, sie muss mit dem entsprechenden deutschen Abschluss verglichen und offiziell anerkannt werden.

Chancen auf dem deutschen Arbeitsmarkt: Mangelberufe

Ausländische Fachkräfte haben gar nicht so schlechte Chancen. Deutschland hat ein Problem: Ihm fehlen zunehmend Fachkräfte und deswegen will Deutschland Fachkräfte mit ausländischen Qualifikationen in den Arbeitsmarkt integrieren – unter der Voraussetzung, dass es sich um Mangelberufe handelt. Bauelektriker und Arzt gehören dazu.

Ausländische Berufsqualifikation: Anerkennugsverfahren und Anlaufstellen

In der Vergangenheit war es für Fachkräfte mit ausländischer Qualifikation ziemlich schwierig, in Deutschland eine Tätigkeit in ihrem Beruf aufzunehmen. Ihre Abschlüsse wurden nicht anerkannt.
Heute ist das anders. Seit 2012 haben wir das Anerkennungsgesetz und Anlaufstellen, deren Mitarbeiter einen Überblick über ausländische Berufsbildungssysteme und Berufsabschlüsse haben und das Anerkennungsverfahren durchführen: die Gleichwertigkeitsprüfung für die Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse.

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Der Arztberuf ist reglementiert und muss anerkannt werden Foto: monkeybusinessimages

Regelungen des Anerkennungsgesetzes

Mit dem Anerkennungsgesetz haben Sie jetzt auf jeden Fall einen Rechtsanspruch auf ein Anerkennungsverfahren. Das Anerkennungsgesetz begründet den allgemeinen Rechtsanspruch – unabhängig von der Herkunft des Antragstellers.
Die Kriterien und Verfahren sind in ganz Deutschland gleich – das bedeutet:
Wurde die Gleichwertigkeit Ihrer Qualifikation einmal anerkannt, ist sie in ganz Deutschland gültig.
Auch gilt: Gleichwertigkeit bedeutet nicht Gleichheit, es geht nicht um eine vollständige Übereinstimmung mit dem deutschen Referenzberuf, sondern um eine hinreichende Übereinstimmung der Qualifikationen.
Gibt es wesentliche Unterschiede zwischen Ihrer ausländischen und der deutschen Referenzqualifikation, wird Ihnen aber Ihre Anerkennung nicht abgesprochen. Der Begriff ist nicht offiziell, aber in diesem Fall wird oft von der ‚Teilanerkennung‘ gesprochen. Sie können sich nachqualifizieren, um die volle Anerkennung zu erhalten.
Für reglementierte Berufe sind durch das Anerkennungsgesetz gesetzliche Ausgleichsmaßnahmen vorgesehen, zum Beispiel Prüfungen oder Anpassungslehrgänge, denn die Bezeichnung und Ausübung eines solchen Berufs ist nur bei voller Gleichwertigkeit erlaubt.

Für nicht-reglementierte Berufe gilt: Eine Anerkennung der Qualifikation ist grundsätzlich nicht erforderlich. Wurden wesentliche Unterschiede festgestellt, ist es daher dennoch möglich, sich auf dem Arbeitsmarkt zu bewerben. Sie können sich individuell nachqualifizieren, um die volle Anerkennung zu erhalten. Beachten Sie folgende Ausnahme: Sind Sie Drittstaatenangehöriger und möchten in einem nicht-akademischen Beruf in Deutschland arbeiten, der von der Bundesagentur für Arbeit in der sogenannten Positivliste genannt wird, dann ist eine volle Gleichwertigkeit auch im Falle eines nicht-reglementierten Berufes notwendig, um die Tätigkeit in Deutschland auszuüben.

Antragstellung, Dauer und Kosten des Anerkennungsverfahrens

Was Sie auch noch wissen sollten: Sie können den Antrag aus dem Ausland stellen.
Seien Sie darauf eingestellt: Die Bearbeitungszeit kann bis zu drei Monate dauern, auf dieses Maximum ist sie aber auch festgelegt. Zunächst muss die zuständige Stelle innerhalb eines Monats den Empfang des Antrages und der Unterlagen bestätigen und gegebenenfalls fehlende Unterlagen nachfordern.  Wenn alle Unterlagen vollständig vorliegen, sind die Verfahren binnen drei Monaten abzuschließen.

Ausnahmen:
In Sonderfällen kann die Bearbeitungszeit länger dauern, zum Beispiel:
Wenn Unterlagen nachgefordert werden, weil die vorgelegten Unterlagen für die materiell-rechtliche Gleichwertigkeitsprüfung nicht ausreichen oder weil Zweifel an der Echtheit oder Richtigkeit der vorgelegten Unterlagen bestehen.

Oder:
Bei schwierigen Fällen, z. B. wenn externer Sachverstand eingeschaltet werden muss (Einholung von Gutachten der Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen der KMK (ZAB) für Hochschulabschlüsse). Dann kann die Frist einmalig angemessen verlängert werden.
Die Verlängerung ist gegenüber den Antragstellern zu begründen und rechtzeitig mitzuteilen.
Die Kosten für ein Anerkennungsverfahren tragen übrigens Sie. Die Kosten richten sich nach Aufwand im Einzelfall und variieren mit Beruf und Land. Ausnahmen bilden in Deutschland lebende Personen mit Auslandsqualifikation, die Anspruchsberechtigte auf Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SBG II und III) sind. Diese können die Kosten erstattet bekommen.
Auch die Kosten für Übersetzungen und beglaubigte Kopien tragen Sie als AntragstellerIn.

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