Anerkennungsverfahren: Das muss sich bessern

Es gibt noch viel zu tun. Zwar steigen die Zahlen, immer mehr Personen lassen ihren ausländischen Abschluss in Deutschland auf Gleichwertigkeit prüfen, aber: Optimal läuft das alles noch nicht. Hinter den Anerkennungsverfahren stehen Verwaltungen, denen die notwendige Expertise fehlt, die uneinheitlich vorgehen und teilweise sogar rechtswidrig handeln: Das belastet die Verwaltungen und die Antragsteller – es besteht Handlungsbedarf. Das geht aus dem Bericht zum Anerkennungsgesetz 2015 hervor.

Ein bisschen was ist seit dem letzten Bericht schon passiert. Seit Januar vorigen Jahres, zum Beispiel, ist eine Verordnung zur „Durchführung und zum Inhalt von Anpassungsqualifizierungen für die Berufserlaubnis in Heilberufen“ in Kraft, um zu vereinheitlichen, was die Länder zuvor sehr unterschiedlich handhabten.

Anerkennungsverfahren müssen vereinheitlicht werden

Doch macht der Bericht deutlich: Der Verwaltungsvollzug müsse weiter verbessert und vereinheitlicht werden, hierfür seien „erhebliche Anstrengungen“ erforderlich.
Noch immer verheddert sich das Anerkennungsgeschehen im sogenannten Zuständigkeitsdschungel – keine zentralen Instanzen, lauter zuständige Stellen. Das bedeute unter anderem, dass den Verwaltungen, die nur punktuell mit Anerkennungsverfahren zu tun haben, die Expertise fehle.
Gebündelte Zuständigkeiten, Kompetenzen und Wissen, so der Bericht, würden Anerkennungsverfahren vereinheitlichen, somit vereinfachen und die Behörden entlasten.
Leidtragende seien aber nicht nur die Verwaltungen. Nachteile haben auch diejenigen, die ein Anerkennungsverfahren beantragen. Gingen die Länderbehörden uneinheitlich vor, resultierten daraus für die Antragsteller unterschiedliche Bedingungen für das Anerkennungsverfahren: Es variiere, was von Antragstellenden erwartet wird bzw. was diese zu leisten haben.

Antragsteller werden ungleich behandelt

Ungleich handhaben die Länderbehörden zum Beispiel, welches Sprachkenntnisniveau in den Gesundheitsberufen erforderlich ist und auch, wann die Antragsteller den Nachweis darüber erbringen müssen.
Das bedeute, dass unter zwei Antragstellern, die die gleichen Voraussetzungen mitbringen, womöglich einer in einem Bundesland ein Anerkennungsverfahren beantragen kann, der andere in einem anderen Bundesland nicht.

Unterschiede gebe es im Gesundheitsbereich auch, wenn es um Gutachten für reglementierte Berufe geht. Einige zuständige Stellen greifen laut Bericht grundsätzlich auf das Wissen und die Kompetenzen von Gutachtern zurück, um zu prüfen, ob eine ausländischen Qualifikation gleichwertig ist. Andere Stellen täten dies nur, wenn sie es mit einem komplizierten Fall zu tun haben. Für die Antragstellenden könne das Unterschiede im Anerkennungsverfahren und seinen Kosten zur Folge haben.

Deshalb pocht der Bericht auf eine zentrale Gutachtenstelle für Gesundheitsberufe, die zwar bereits beschlossen, aber von den Ländern noch nicht umgesetzt worden sei. Die Anerkennungsstellen für die Gesundeitsberufe zeigten einen Bedarf an solch einer zentralen Gutachtenstelle – zum Einen, um formal die Gleichwertigkeit zu prüfen, aber darüber hinaus auch, um die Berufserfahrung der Antragstellenden zu bewerten: Diese kann ein entscheidendes Kriterium sein, um die volle Gleichwertigkeit auszusprechen.

Zuständige Stellen handeln rechtswidrig

Einige Anerkennungsstellen verlangten Arbeitsplatzzusagen oder Wohnortbescheinigungen von Antragstellern aus dem Ausland. Diese sind keine erforderlichen Dokumente für den Antrag auf ein Anerkennungsverfahren. Diese Praxis widerspricht laut Bericht den gesetzlichen Vorgaben und „muss länderseitig dringend geändert werden“.

Ebenfalls entgegen der gesetzlichen Grundlagen:
Einige zuständige Stellen bürdeten Antragstellern bei reglementierten Berufen aus Drittstaaten Ausgleichsmaßnahmen auf – ohne vorher zu prüfen, ob die Qualifikation gleichwertig ist. Auch diese Praxis sei „zwingend zu ändern“.

Wenig nachvollziehbar sei auch, dass einige Behörden bei Antragstellern aus Drittstaaten auf die rechtlich vorgegebene Bescheidform verzichteten: Die Behörden versendeten formlos eine E-Mail mit der Auskunft, dass keine Gleichwertigkeit vorliege und der pauschalen Information über die Ausgleichsmaßnahme.

Die Möglichkeiten werden nicht ausgeschöpft

Die zuständigen Stellen machten außerdem zu wenig Gebrauch von ihren Möglichkeiten:
So wurden 2013 standardisierte Qualifikationsanalysen in nur 60 Fällen durchgeführt. Als Grund für die „Zurückhaltung“ der zuständigen Stellen, das Verfahren anzubieten, sieht der Bericht den Aufwand, der mit der Durchführung verbunden ist. Der Bericht fordert sowohl Stellen als auch Antragsteller auf, stärker Gebrauch von der Qualifikationsanalyse zu machen.

Die Qualfikationsanalyse kann helfen, Flüchtlinge zu integrieren

Das Anerkennungsgesetz ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, um den Fachkräftemangel in Deutschland zu beheben. Doch zeigt der Bericht auch: Die Anerkennungsverfahren müssen verbessert werden, um attraktiv für ausländische Fachkräfte zu sein und einen Anreiz zu liefern, in Deutschland zu arbeiten. Und: Insbesondere, wie auch der Bericht empfiehlt, sollte die Qualifikationsanalyse stärker angewandt werden. Menschen, die keine Nachweise über ihre Qualifikationen haben, können mit Arbeitsproben, Fachgesprächen oder -präsentationen ihre Kompetenzen feststellen lassen. Während derzeit Politik, Wirtschaft und Medien das Problem debattieren, dass viele Flüchtlinge keine Unterlagen mitbrächten, zeigt sich: Im Kontext der steigenden Flüchtlingszahlen ist die Qualifikationsanalyse von enormer Bedeutung.

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